News  – Nachrichten aus der Energieforschung
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Rotorblätter mit elastischer Vorderkante
Im Laufe des Betriebs treffen auf die Nasenkante der Rotorblätter von Windenergieanlagen unzählige Regentropfen auf. Trotz der dort aufgebrachten speziellen Lacke und Folien entstehen Materialschäden. Das führt im Laufe der Zeit zu Erosionsschäden an der Vorderkante des Blattes. Ein Forschungsprojekt erprobt einen neuen Weg: Künftig sollen elastische Blattvorderkanten das Problem lösen.
Regentropfen sind zusammen mit Hagel und Sand für die Haltbarkeit der Rotorblätter von Windenergieanlagen ein ernstzunehmender Belastungsfaktor. Auf Dauer verursachen die auf die Nasenkanten der Blätter auftreffenden Tropfen eine Materialerosion. Nasenkante heißt die vordere Kante des Rotorblatts, die gegen den Wind gerichtet ist. Diese erzwingen dann entweder aufwendige Reparaturarbeiten in luftiger Höhe oder einen Austausch der Blätter. Wissenschaftler des Instituts für integrierte Produktentwicklung (BIK) der Universität Bremen, des Materialherstellers Saertex und fünf weiterer Partner entwickeln im Forschungsprojekt HyRoS bis Ende 2018 eine elastische Kante für Rotorblätter. Dieses Bauteil soll aus der Kombination eines technischen Geleges mit einem Elastomer bestehen. Vereinfacht dargestellt ist das eine Verbindung zwischen einer Faserlage und einem elastischen Gummi. Dr. Jan-Hendrik Ohlendorf, Projektleiter HyRoS an der Uni Bremen, erklärt: „Wir wollen mit dem neuen Bauteil für Rotorblätter das Erosionsproblem erheblich verbessern und damit die Wartungskosten senken. Damit soll erreicht werden, dass die Verlässlichkeit und die jährliche Windstromerzeugung der Anlagen gesteigert werden.“ Dabei haben sich die Wissenschaftler zum Ziel gesetzt, geeignete Materialien zu erforschen, einen Probekörper zu erstellen, die aerodynamischen Eigenschaften des neuen Bauteils zu bestimmen sowie den Verbund mit den übrigens Bauteilen zu erproben.
Die neue Nasenkante wird außerdem mit einer Rotorblattheizung ausgestattet, die mit einer intelligenten energieeffizienten Regelung betrieben wird. Das soll in kritischen Regionen eine Vereisung der Rotorblätter vermeiden oder vermindern helfen. Eine Eisbildung auf den Blättern droht besonders im Winter an Binnenlandstandorten und zieht meistens das Abschalten der Anlagen nach sich. Ökonomisch schlagen diese Abschaltphasen besonders zu Buche, weil im Winter besonders gute Windverhältnisse für eine Stromerzeugung herrschen. Untersuchungen eines Anlagenherstellers haben im Test in Schweden ergeben, dass eine Anlage mit Rotorblattenteisung während der Wintermonate mindestens 25 Prozent mehr Strom erzeugen kann als eine baugleiche Anlage ohne Enteisung.
Erosion verschlechtert Aerodynamik
Die Nasenkante des Rotorblatts ist erosionstechnisch das belastetste Bauteil. Bisher wird dieses aus harten Glasfaserverbundstoffen bestehende Bauteil mit einem speziellen Lack oder einer Folie geschützt. An den Blattspitzen beträgt die maximale Umfangsgeschwindigkeit zwischen 160 und 250 Kilometer pro Stunde. Dort prallen dann die Regentropfen ab, es entsteht kurzzeitig ein Mini-Vakuum und dadurch werden im Laufe der Jahre immer wieder Partikel aus dem Blatt herausgerissen. Begünstigt werden Erosionsvorgänge, wenn ein Blatt aus Herstellung oder Transport bereits kleine Vorschäden aufweist.
Hat der Materialverlust erst einmal begonnen, breitet sich die Erosion innerhalb von kurzer Zeit aus. Kommt Frost zum eingedrungenen Wasser hinzu, beschleunigt das die Schadensbildung zusätzlich. Die Schäden erreichen zwar nicht die tragenden Teile der Blätter, haben aber trotzdem gravierende Auswirkungen. Die aerodynamischen Eigenschaften des Blattes verschlechtern sich fortlaufend, es kommt zu zusätzlichen Turbulenzen und die Stromerzeugung der Anlage sinkt. Gleichzeitig nehmen die Lärmemissionen zu. Die Anlage muss dann gestoppt werden. Je nach Umfang der Schäden können Industriekletterer das Blatt in luftiger Höhe reparieren oder es muss ein Blattaustausch durchgeführt werden. Erosionsprobleme kommen bei Windenergieanlagen onshore wie offshore vor. Nach etwa fünf bis sechs Betriebsjahren wächst erfahrungsgemäß die Notwendigkeit, die Blattkanten auszutauschen.
Rotorblätter automatisiert herstellen
Ein Rotorblatt besteht aus etwa fünf bis sieben Bauteilen, die am Ende verklebt werden. Bereits heute ist die Nasenkante eines dieser Teile. Die in der Entwicklung befindliche elastische Nasenkante kann daher ohne Probleme in die bisherigen Blattkonzepte integriert werden. Bisher überwiegen bei der Herstellung von Rotorblättern noch manuelle Prozesse. Die Wissenschaftler des BIK entwickeln Konzepte, den Herstellungsprozess von Rotorblättern stärker zu automatisieren. Ohlendorf erklärt: „Wir erforschen und entwickeln in Bremen Applikationstechnologien, also Produktionsprozesse und Vorrichtungen, für ein prozesssicheres Applizieren des multifunktionalen Rotorblattschutzes im Formwerkzeug. Eine der größten Herausforderungen für uns ist die Integration des Rotorblattheizsystems.“
In diesem Jahr stehen im HyRoS-Projekt Materialtests im Mittelpunkt und im kommenden Jahr starten dann die Arbeiten zu den Produktionsverfahren.
(mi)
Adressen
Projektkoordination
Universität Bremen, BIK
Projektleitung
Saertex GmbH & Co. KG
Industriepartner
K. L. Kaschier- und Laminier GmbH
Industriepartner
HERMES Systeme GmbH
Industriepartner
WRD GmbH
Industriepartner
Institut für Verbundwerkstoffe GmbH
Industriepartner
KRAIBURG Holding GmbH & Co. KG
Forschungsförderung
Das Informationssystem EnArgus bietet Angaben zur Forschungsförderung, so auch zu diesem Projekt.
Links
www.hyros-projekt.de
Homepage des Projekts
www.bik.uni-bremen.de
Institut für integrierte Produktentwicklung
www.saertex.com
Homepage des Industriepartners